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(Kultur, Musik, Blasmusik, Österreich, Steiermark, Bezirk Weiz, Gleisdorf)

• Portrait: Siegfried Teller / Kapellmeister
Von Martin Krusche

„Mein Vater war schon Musiker. Ich bin in einer Musikerfamilie aufgewachsen.“ Auch sein Sohn und etliche Verwandte sind einschlägig aktiv. Kapellmeister der Stadtkapelle Gleisdorf wurde er, „weil man mich gefragt hat“.

Was ein erheblicher Positionswechsel ist, weil Teller nun selbst weniger zum Spielen kommt. Er ist quasi mit dem Flügelhorn aufgewachsen. „Wenn du von der Arbeit heimkommst und spielst eine Viertelstunde in dein Instrument rein, geht’s dir gut“, sagt der Mann, der sich für einen technischen Beruf entschieden hat. Ein großer Teil seiner Freizeit gehört aber der Musik.

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Das heißt vor allem: üben. Regelmäßig. Und vielfältige Praxis. In der Stadtkapelle spielen Profis und Laien Schulter an Schulter. Jugendliche und ältere Menschen gehören dazu, unterschiedliche Talente und Interessen sollen zu einer Gemeinsamkeit finden. Einerseits in Konzerten, andrerseits zu besonderen Anlässen von Pfarre und Gemeinde. Dazu zählt etwa die Feier zum 1. Mai, „Begräbnisspielerei“ oder auch: „Eine Erstkommunion, ohne daß wir spielen, das wäre kein richtiges Fest.“ In kleinen Musik-Gruppen findet man Mitglieder der Stadtkapelle auch bei Bällen oder bei privaten Feiern.

Was ist nun bei all dem die Aufgabe des Kapellmeisters? „Ich stelle das Repertoire und das Programm zusammen.“ Dabei ist ein Dreivierteljahr Vorlauf Standard. Die Auswahl erfolgt nicht bloß aus klassischer Literatur. „Durch die Musikschulen ist das Niveau sehr gestiegen.“ Es gibt auch reichlich zeitgenössische Kompositionen. „Sachen die frisch geschrieben wurden.“ Teller muß daran freilich verändernd arbeiten, gelegentlich umarrangieren. „Wenn ich zwei Fagotte brauche, aber nur eines hab ...“

War früher die Trompete der „Star“, sind heute vor allem Holzblasinstrumente im Mittelpunkt des Interesses. „Es geht ins Holz.“ Die Klarinette dominiert auf der Beliebtheitsskala. „Da freut man sich dann, wenn man eine Tuba dazu bekommt.“ Weil die momentan nur selten jemand erlernt.

Der Kapellmeister ist heute Vertrauens- und Bezugsperson. Das soziale Klima ist wichtig. Eine Basis, um gemeinsam zu guten Ergebnissen zu kommen. Die Leute verbringen viel Zeit mit einander. „Proben, Besprechungen, das Spielen, wir kommen im Jahr auf rund 120 Tätigkeiten.“ Kontinuität zählt. Jeden Dienstag laufen ab 20:00 Uhr die Proben. „Seit ich denken kann. Es ist wichtig, daß man sich regelmäßig trifft.“

Die Tageszeit ist eines der Limits für junge Leute. „Unter zehn, elf Jahren geht das mit dem Aufbleiben nicht.“ Die Kinder „müssen auch mit einer musikalischen Basis zu uns kommen. Sonst finden sie sich nicht zurecht.“ Das verweist auf die wichtige Partnerschaft mit der Musikschule, aus der etliche Lehrer zur Kapelle gehören. Beide Einrichtungen helfen überdies, wenn etwa ein begabtes Kind sich ein teures Instrument nicht leisten kann.

Es geht für den Kapellmeister nicht nur darum, vorne zu stehen und 60 Leute auf einen Nenner zu bringen. „Wenn sie für einen Moment das Gleiche denken und fühlen, ist das für mich das Schönste was es gibt.“ Das ist allerdings nicht auf Ewigkeit angelegt. „Wenn ein Kapellmeister einmal zu faul ist zum Telefonieren, muß er es aufgeben.“ Damit betont Teller die soziale Seite der Aufgabe, sich um die Leute zu kümmern, die Besetzung beieinander zu halten. Das Schöne und Bleibende an der Musik ist für ihn jedoch: „Man hat nie das Gefühl, daß man fertig ist.“

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